Ein großer Freundschaftsbeweis im türkischen Kayseri


 

 Unter dem Titel Mitmenschen XII. habe ich letzt das Foto eines Basar-Händlers vor seinem Laden gezeigt. Wilfried Humann schrieb dann, dass er sich genau an diesen Laden erinnere, vor sieben Jahren habe er dort einen Wanderstock kaufen wollen. 

Natürlich dachte ich sogleich an die Begebenheit mit meinem glücklich wiedergefundenen Fotorucksack! Und Fotorucksack - das passt ja doch irgendwie in unser Thema!

 

Kayseri - von der Existenz dieser Millionenstadt in Zentral - Anatolien wusste ich bisher nichts. Mitten in der beinahe menschenleeren Steppe Anatoliens erstreckt sich diese Stadt mit ihren ansprechenden Hochhaussiedlungen am Rande. 

In ihrem Zentrum jedoch ist sie dem Alten, der Tradition, verhaftet. In der Zitadelle und um diese herum erstreckt sich ein großer zum Teil überdachter Basar.

Jeder Straßenzug macht ein anderes Angebot. Schuhe, Kleidung, Schmuck, Teppiche, Lebensmittel, alles kann man hier erwerben.

Zwischen den Kaufinteressenten schwirren flinke Teeverkäufer mit ihren Tabletts voller dampfenden Tees herum. Garküchen stillen mit kleinen Gerichten den Hunger der Händler und Käufer. Man ist im Orient. Ein Basar ganz ohne den oft so abschreckenden Touristenrummel! Wohltuend!

Auch wir wollten für die bei der Reise übrig gebliebenen Türkischen Lira etwas kaufen. So blieben wir an Ständen stehen und berieten uns. Dabei sprach uns plötzlich jemand in breitestem Schwäbisch an. Als wir uns umdrehten, staunten wir nicht schlecht, als wir in ein eindeutig türkisches Gesicht schauten. Der Mann erzählte uns, auch er sei im Moment hier im Urlaub - "isch werk seit 39 Jahr beim Daimler un i bin a Schwaab!"

Ein paar Stände weiter hörten wir, wie eine junge türkische Frau ihrer kleinen Tochter zurief:“ Schau mal, da sind Leute aus Deutschland!“

An einem anderen Stand mit Lederarbeiten hatte ich ein schönes und passendes Lederetui für mein Taschenmesser gesehen so, wie ich es immer schon gesucht hatte. Mit Händen und Füßen gestikulierend, versuchten wir, uns mit dem Händler über den Preis zu einigen. Da kam aus dem Hintergrund eine Stimme in etwas gebrochenem Deutsch:“ Das können Sie ruhig kaufen. Der Preis geht auch in Ordnung!“

Die Frau, ganz Türkin nach unseren Vorstellungen - Kopftuch und langer grauer Mantel - verwickelte uns sogleich in ein Gespräch, erklärte uns, dass sie 36 Jahre lang in Gelsenkirchen gelebt hätte und lud uns spontan zu sich nach Hause ein. Leider konnten wir das Angebot nicht annehmen, da die Mitreisenden bereits auf uns warteten.

Wir zahlten für das Etui und wollten gerade gehen, da tippte mir jemand von hinten auf die Schulter und fragte, ob es möglich sei, dass ich in seinem Laden einen Rucksack vergessen hätte. 

Mein Gott! Ich fuhr zusammen, meinen Photorucksack mit der gesamten Ausrüstung hatte ich tatsächlich nicht mehr auf dem Rücken. Eilends begleiteten wir den Mann in seinen Laden. Tatsächlich, da lag mein Rucksack mit den Photosachen! Ich bedankte mich überschwänglich voller Glück, so wieder in den Besitz meiner  Photosachen gekommen zu sein.

Wie war es so weit gekommen? Vor einiger Zeit hatte uns besagter Mann an der Bushaltestelle vor der Zitadelle angesprochen. Er freue sich, sagte er in gutem Deutsch, Deutsche zu treffen. Wir kamen ins Gespräch, und er fragte, ob er uns den Basar zeigen dürfe. Der Mensch sah vertrauenswürdig aus und so folgten wir ihm. Tatsächlich führte er uns in Viertel, die wir sonst niemals gesehen hätten. Aber natürlich, der Leser vermutet ganz richtig, landeten wir in seinem etwas abgelegenen Teppichladen.

Er zeigte uns seine schönsten Stücke, aber wir bedauerten, mangels türkischen Geldes und Platz im Koffer, nichts kaufen zu können. Er war nicht böse, kein Geschäft gemacht zu haben und plaudernd tranken wir den angebotenen Tee aus, bevor wir uns, leider, wie bekannt, ohne den Rucksack, auf den Weg zum Treffpunkt der Reisegruppe machten.

Der Fortgang der Geschichte ist bekannt. Herzlichkeit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit und die guten Erinnerungen der Menschen an ihr Gastland Deutschland bleiben uns in Erinnerung.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Wilfried Humann (Freitag, 01 Oktober 2021 22:04)

    Eine wunderschöne Story, den Basar kann man direkt noch einmal miterleben und das Happyend ist einfach herzergreifend. LG Wilfried