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Eine unerwartete Begegnung

 Der Ort der Begegnung

"Johannes, schau mal! Ein Bär!“ Das kam mir über die Lippen wie:“ Schau mal, ein Hase läuft da über`s Feld!“ Wirklich! Ich machte mir keine Sorgen

Etwa 40 Meter von uns entfernt wechselte ein stattlicher Schwarzbär die Ufer, indem er sehr flott durch das Wasser stürmte.

Johannes und ich befischten den kleinen Flusslauf, der zwei große Seen im kanadischen Yukon-Territorium miteinander verbindet. Wir fingen prächtige arktische Äschen von beachtlicher Größe. Solch eine Fischerei hatten wir noch nie erlebt.

Am Tag zuvor waren wir nach ca. neunstündigem Flug in Whitehorse vom Himmel gefallen. Aus der Hektik des mitteleuropäischen Lebens in diese weite, friedliche und nahezu menschenleere Wildnis. 

Gleich nach unserer Ankunft in der Lodge, einsam in der Wildnis, aber in der Nähe des Alaska Highways gelegen, wurden wir zu einem Briefing gebeten. Thomas, der Mitbetreiber der Lodge, klärte uns über den „Umgang“ mit Bären auf. Es sei zwar schon ein paar Wochen her, dass ein Grizzly das Gelände des Anwesens besucht hätte, aber eigentlich sei jederzeit mit einer Bärenbegegnung zu rechnen. Erst recht beim Fischen in der Wildnis. Wir bekamen Verhaltensregeln wie - in Embryonalstellung am Boden zu kauern mit im Nacken verschränkten Händen und keinesfalls in rasender Flucht die Begegnungsstätte zu verlassen, sondern langsam und bedächtig den Rückzug anzutreten. Ansonsten sollten wir uns in bährenverdächtigem Gebiet laut unterhalten oder singen. Ein Glöckchen mitzuführen sei auch nicht schlecht.

Natürlich wusste Thomas Geschichten zu erzählen, in denen man riesigen Bären so gerade noch entkommen war.

Dies alles hatte ich wohl bei der spontanen Begegnung mit Meister Petz vergessen. Es passte einfach so gar nicht in den Erfahrungsschatz eines Menschen, der in Europa vor keinem Tier Angst haben muss

Aber Lukas, unser Guide, hatte meine Bemerkung gehört. Sofort sprang er auf, griff zu seinem Gewehr, das er bei solchen Exkursionen stets mitführte, erkundigte sich bei mir, auf welchem Flussufer der Bär jetzt sei und sprang ins Wasser. Er watete ein gutes Stück flussabwärts, stieg ans Ufer und kam nach einem weiten Bogen durch den Busch zurück und beteuerte, der Bär sei weg. Er blieb uns auch verborgen.

Zurück in der Lodge lasen wir in einem Reiseführer, man könne die Nähe von Bären an bestimmten Merkmalen erkennen. Sie verrieten sich z.B. durch einen strengen Geruch oder durch das Zurücklassen von Haarbüscheln im Geäst. Beides war mir auf unserem Weg durch den Busch zu unserer Angelstelle aufgefallen. Mir fiel dabei ein, dass ich einmal bei E. Hemingway ungläubig gelesen hatte, er könne das Wild riechen.* Er war wohl ein erfahrener Jäger.

 

 

* Ernest Hemingway, Die grünen Hügel Afrikas

 

           Johannes und unser Guide Lukas an der beschriebenen Stelle des Flusses

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