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Für Gotteslohn

 

Gestern waren wir im Oberbergischen. Meine Frau und ich hatten unserer Enkelin zum Geburtstag eine Führung durch die schönste der Bunten Kirchen in Lieberhausen geschenkt.

Wir wollten die Kirchenführerin gegen viertel nach elf nach dem Gottesdienst vor der Kirche treffen.

Die Kirchentür ging auf und eine junge Frau im Kirchenornat positionierte sich davor. Es dauerte eine Weile, bis die ersten Besucher die Kirche verließen. In der Zwischenzeit sprach ich die Dame an, in der Meinung, die Pfarrerin vor mir zu haben,

Nein, sagte sie, sie sei eine Prädikantin, vertrete einen Geistlichen in dessen Aufgaben. Sie habe eine theologische Ausbildung, dürfe predigen, segnen u.s.w.., aber alles für Gotteslohn.

Ich bedauerte, den Schlusssegen verpasst zu haben, dessen Worte mich so sehr ansprächen, obwohl ich doch gar nicht so fest im Glauben sei.

In der Zwischenzeit hatten wir den Kirchenraum betreten und warteten auf die Führerin, die noch in der Sakristei zu tun hatte.

Wir standen vor dem Altar, als die Prädikantin mich unvermittelt fragte, ob sie mir jetzt den Segen erteilen dürfe. Als ich bejahte, legte sie mir die linke Hand auf die Schulter und sprach den Segen.

Der Herr segne dich und behüte dich;

der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. Amen

 

Diese Geste hat mich in diesem Augenblick tief beeindruckt. Die Worte waren nur an mich gerichtet, in diesem Raum und in dieser Unmittelbarkeit.

 

Später fielen mir die Worte in Marten ``T Harts Buch - Magdalena-Eine Familiengeschichte - ein.

„Dieser Segen aus Numeri 6 ist zweifellos das Schönste, was der Gottesdienst zu bieten hat. Welch eine unvergessliche Sprache.“

 

 

Marten `T Hart, Magdalena - Eine Familiengeschichte - S. 293

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Kommentare: 3
  • #1

    Martina S. (Montag, 30 Oktober 2023 14:18)

    Es hat mich sehr gefreut, dass ich Ihnen damit etwas Gutes tun durfte ….

  • #2

    Speysight (Dienstag, 31 Oktober 2023 10:00)

    Was für ein schönes Erlebnis!
    Ähnlich habe ich vor Jahren in England, in der Kathedrale zu Worcester erleben dürfen.
    Ich machte eine Besichtigungsrunde und wollte gerade eine kleine Seitenkapelle betreten, als ich Worte hörte - die letzten Worte eines Segens, den ein Geistlicher einem Paar gab, das dann ging. Ich wollte mich zurückziehen, als der Geistliche mich ansprach und fragte, ob er mich auch segnen solle. Das war dann in dieser kleinen Kapelle eine erstaunlich intensive Erfahrung ...
    Auch so ist das Leben manchmal ...

  • #3

    Ulrike Wilhelm (Samstag, 17 Februar 2024 19:16)

    Eine wunderbare Geschichte.
    Und nun geht der Segen weiter und fließt - wie im Römischen Brunnen - in Gestalt eines wunderschönen Fotos - ins nächste "Segens-Auffangbecken".
    Vielen Dank, lieber Herr Krause!
    Ihre UIi Wilhelm aus Garmisch