Zimmer Nr. 13 - oder wie ich versucht habe, in Bayern mit der Fliege zu fischen
Eigentlich bin ich kein abergläubiger Mensch, vielleicht hat sich das aber nach dem letzten Urlaub ein wenig geändert. Normalerweise gibt es in keinem Hotel der Welt die Zimmernummer 13, wir bekamen diese aber zugewiesen. Die Wirtin zeigte uns bei der Ankunft das Zimmer. Auf den ersten Blick war es ganz ansprechend, das Bad allerdings weniger - winzig, man konnte sich kaum darin umdrehen, die Ausstattung hatte den Charme der 80ger Jahre. Der Begriff Nasszelle traf hier zu, man fühlte sich wie in einem Wohnwagen.
Die Ankunft im Hotel bei strömendem Regen hatte sich wie folgt abgespielt. Mittlerweile klatschnass, schleppten wir Koffer und sonstigen Kleinkram erst einmal in den Vorraum des Hotels, in dem die Wirtin hinter dem Rezeptionstresen saß und sich darüber amüsierte, wie viel wir doch anschleppten. Als ich darum bat, dass man uns doch beim Tragen der schweren Koffer behilflich sei, antwortete sie:“ Ja, das müssen Sie mir doch sagen!“
Nun, wir arrangierten uns.
Ein glanzvoller Prospekt, der den Komfort der Zimmer und der anderen Räumlichkeiten preist, hatte uns zum Buchen verführt, zumal auch in den schönsten und buntesten Farben die Möglichkeiten zum Fliegenfischen in den herrlichen Gewässern der das Hotel umgebenden Landschaft gepriesen wurde.
Hier wollten wir eine Woche lang verweilen, um später mit Sohn, Schwiegertochter und Enkelkind nach Südtirol weiter zu reisen.
Am Nachmittag wurden ein anderer Fliegenfischer und ich in den kleinen Fliegenfischer-Shop des Hausherren zum Gespräch gebeten. Ausführlich und mit blumigen Worten schilderte er uns die Vorzüge des von uns zu befischenden Wassers. Hier die Poolposition, dort ein Kehrwasser, auch hier gute Aussichten auf einen großen Fisch. Überhaupt, das Wasser würde große Exemplare beherbergen - Forellen, riesige Äschen und sogar Huchen, Vorfachspitzen nicht unter 18er - .
Wie sich dann rausstellte, sollte sich dies alles auf ca. 500m abspielen. Nein, die X. könnten wir nicht befischen, das Kartenkontingent sei erschöpft. Kein Wort darüber, dass der 500m-Fluss zudem noch Hochwasser führte. Ob wir uns mit dem Waten auskennen würden - natürlich, welcher Fliegenfischer kann das nicht?
Am Wasser waren dann die markanten Positionen, an denen die Fische anstehen sollten, nicht zu erkennen - Hochwasser. Mein Fangerfolg in zwei Stunden - eine mittelprächtige Äsche. Der andere Fliegenfischer ging an diesem Tag leer aus, sein Gesicht war etwas säuerlich. Beim nächsten Versuch, zwei Tage später, war das Wasser noch höher. Am Fluss waren noch zwei Einheimische, denn es ist ein Vereinsgewässer, für das unser Hotelier Karten ausgeben darf. Sie fischten, was mich zunächst verwunderte, in Straßenschuhen vom Ufer aus. Vorsichtig watete ich ins Wasser, kein Biss. Ich entschloss mich bald, mit der Fischerei Schluss zu machen und watete ans Ufer, wobei mich einer der Mitfischer ansprach. Um es kurz zu machen, ich konnte ihm nicht antworten, weil ich im Wasser lag. Das kam so : mit dem Watstock Halt suchend, war ich ans nahe Ufer, ca. zwei Meter entfernt, gewatet, bis urplötzlich der Watstock nachgab und bis zum Griff im Wasser versank. Grund war eine nicht zu erkennende Untiefe, gebildet durch sehr weichen Geschiebelehm. Von dieser Eigenart des Flusses hatte der Wirt uns nichts gesagt. Er hatte es bei der Frage bewenden lasen, ob wir bis zum Bauch im Wasser stehend waten könnten. Die kleine Erfrischung war nicht weiter tragisch, mit weniger Vorsicht und weiter draußen im Fluss hätte die Sache schlimmer ausgehen können! Jetzt wurde mir klar, warum die beiden Bayern vom Ufer aus fischten.
Die Tatsache, dass der Hotelier nicht auf diese Gefahrenquelle hingewiesen hatte, interpretiere ich als Fahrlässigkeit.
Nach einer Ausweichmöglichkeit fürs Fischen gefragt, nannte der Wirt einen Wiesenbach. Dafür müsse man aber die Tageskarte in G. erwerben, einem Ort, der in einer halbstündigen Fahrt zu erreichen wäre. Ich verzichtete, nachdem mir ein Schweizer Mitfischer erklärte, neben der Fahrerei habe er noch Ewigkeiten gebraucht, die Ausgabestelle zu finden!
Am Abend meines unfreiwilligen Bades fragte ich den Wirt, ob es einen Trockenraum für die nasse Watbekleidung gäbe. "Natürlich!" war die Antwort, und er führte mich in die Wasch- und Trockenkammer des Hotels. Hier könne ich irgendwo die nassen Sachen aufhängen. Ich wunderte mich schon, dass ansonsten dort nichts Fliegenfischerisches zum Trocknen aufgehängt war. Ein paar Tage später, ich hatte das Fischen drangegeben und erkundete mit meiner Frau die Sehenswürdigkeiten Oberbayerns, bekam ich mit, wie die Gattin des besagten Herren einen anderen Fischer fragte, ob er wisse, wem die Wathose und die Watstiefel gehörten, die da schon tagelang in ihrer Waschküche hingen.
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