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Fliegen, die schönste Nebensache der Welt


Dieser dumpfe Knall beim Aufprall Diese eisige Stille danach. Beides verfolgt mich noch nach Jahrzehnten. Es war etwas Schreckliches geschehen, vor meinen Augen, etwas, vor dem sich jeder Flieger in seinem Innersten fürchtet. 

Ich rannte los, einem Impuls folgend, ohne nachgedacht zu haben. Keine hundert Meter von mir entfernt hatte sich etwas ereignet, was eigentlich niemals geschehen sollte. Ein Flugzeugrumpf hatte sich in den Boden unseres kleinen Sportflugplatzes gebohrt.

Auf halbem Weg blieb ich stehen. Ein Vereinskamerad hielt mich zurück. Er war Arzt, wollte die Lage zunächst selbst einschätzen.

Dem Piloten war nicht mehr zu helfen, er muss sofort tot gewesen sein.

Lähmendes Entsetzen machte sich breit, bis die diensthabende Flugaufsicht das Nötige einleitete.

An einem sonnigwarmem Sommersonntag hatte mein Flugsportverein einen befreundeten Club zu Gast. Freudiges Wiedersehen, Bestaunen der mitgebrachten Segelflugzeuge und des Motorflugzeugs. Dieses sollte den Flugbetrieb bereichern, indem es mehr Segelflugzeuge auf die gewünschte Flughöhe bringen sollte.

Alles klappte reibungslos und wir freuten uns mächtig darüber, in den Genuss großen Flugvergnügens zu kommen.

Routine im Starten und Landen hatte sich breit gemacht.

Die Schleppmaschine der Gäste, eine Dornier DO27, hatte das Schleppseil auf dem Flugfeld abgeworfen, der Pilot zog die Maschine wieder hoch, um nach einer halben Platzrunde zu landen. 

Eine harte Kurve musste dazu eingeleitet werden, um die Landebahn zu treffen. Im Verlauf dieser Kurve stürzte das Flugzeug aus einer Höhe von etwa fünfzig Metern ab, schlug zwischen Flugzeugnase und Tragfläche im Ackerboden auf.

Vermutlich war der Pilot mit den örtlichen Gegebenheiten nicht besonders vertraut und hatte die an sich gutmütigen Eigenschaften seines Flugzeuges überschätzt. Eine Sache von Sekunden mit so entsetzlichen Folgen.

Während der folgenden Wochen und Monate ging der Flugbetrieb seinen Lauf. Das Unglück war kein besonderes Thema mehr, wir alle versuchten wohl den Vorfall zu verdrängen, was bestimmt niemandem gelang.

Ich setzte meine Ausbildung für den Flugschein fort, wohl nicht mehr im gebotenen Ernst. Da waren immer noch die furchtbaren Bilder im Kopf. 

Zur Ausbildung gehört es, als Flugschüler mit einem Seilriss überrascht zu werden. Das sei jetzt für mich der Fall, dachte ich, als bei einem Übungsflug das lange Schleppseil riss. Meine doppelsitzige Schulmaschine, der Fluglehrer saß hinter mir, sollte mit einer Seilwinde auf die richtige Flughöhe gebracht werden, damit das vorgesehene Übungsprogramm absolviert werden könnte.

Etwa auf der Hälfte der vorgesehenen Höhe gab es einen heftigen Ruck, und mein Flugzeug war frei. Das Seil war weg! Nun musste ich mich entscheiden, wie ich die beiden Piloten und das Flugzeug wieder heil auf den Boden bringen könnte. 

Da gab es, so hatte ich in der Theorie gelernt, zwei Möglichkeiten. 

Ich konnte, wenn die Flughöhe noch nicht allzu groß war, die Nase der Maschine runternehmen, um geradeaus zu landen.

Oder, bei ausreichender Flughöhe, eine Linkskurve und eine halbe Platzrunde zu fliegen, um dann sicher zu landen.

Langes Nachdenken war nicht möglich. Ich wählte Variante zwei und landete den Doppelsitzer sicher.

Es folgte die Gratulation des Fluglehrers mit der Nachricht, dass dies keine Übung gewesen sei, bei der der Fluglehrer das Seil ausgeklinkt hätte, sondern ein Ernstfall.

Beim Start sei das Seil nicht vorschriftsmäßig eingeklinkt worden. 

 

Glück gehabt!


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